19.01.2015

UK/F: CMA und französische Autorité de la concurrence veröffentlichen gemeinsamen Bericht über die Auswirkungen offener und geschlossener Systeme auf den Wettbewerb (open and closed systems)

Die englische Competition and Markets Authority (CMA) und die französische Autorité de la Concurrence haben am 16. Dezember 2014 einen gemeinsamen Bericht über die Auswirkungen offener und geschlossener Systeme auf den Wettbewerb (open and closed systems) vorgestellt (in englischer und französischer Sprache erhältlich). 

Zur allgemeinen Begriffserklärung "offener" und "geschlossener" Systeme:

Ein System wird differenziert zwischen einem offenen und einem geschlossenen System: Ein offenes System ist dadurch gekennzeichnet, dass mindestens ein Element des Systems in Wechselwirkungen zu anderen Elementen eines anderen Systems besteht. Dies könnte z.B. eine Interaktion zwischen einem Organisationsmitglied und seiner unmittelbaren Umwelt sein, wobei unter dem Begriff der Umwelt die Gesamtheit der Faktoren verstanden wird, die auf einen Organismus von außen einwirken und ihn beeinflussen. Bei einem in sich geschlossenen System existieren diese Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Systemen nicht. Interaktionen zwischen einem Systemmitglied und seiner Umwelt finden nicht statt.

(Quelle: https://www.vordenker.de/gerald/sysansatz.html)

Der Bericht nimmt besonders komplexe digitale Systeme in den Blick, die verschiedene Produkte und Dienstleistungen umfassen, die miteinander kombiniert werden und zusammenwirken (etwa Musik, E-Books, Apps und App Stores).

Hintergrund für den Bericht ist die zunehmende Komplexität der Produkte und Dienstleistungen im Zeitalter der Internetökonomie, mit der sich Wettbewerbsbehörden auseinandersetzen müssten. Da die Produkte und Dienstleistungen der Internetökonomie oft von verschiedenen Firmen zusammengesetzt würden und erhebliche Netzwerkeffekte aufwiesen, würden diese Strukturen auch „Ökosysteme" (ecosystems) genannt. Wettbewerbsbehörden seien in diesem Bereich oft mit hohen Marktanteilen konfrontiert und seien zu Recht besorgt, wenn Markteintritte von Wettbewerbern nahezu ausgeschlossen seien.

Der Bericht präsentiert zunächst Begriffsbestimmungen und setzt sich dann mit den Ökosystemen selbst, Netzwerkeffekten, Wechselkosten und den verschiedenen Graden an Offenheit auseinander. Er schließt mit einer wettbewerblichen Beurteilung offener im Vergleich zu geschlossenen Systemen und einer Darstellung möglicher Effizienzgewinne sowie einiger Schlussfolgerungen.

In großen Teilen nimmt der Bericht zudem Bezug auf die relevante ökonomische Literatur und setzt sich umfassend mit den Faktoren auseinander, die die Auswirkungen offener und geschlossener Systeme auf den Wettbewerb demonstrieren. Er zeigt dabei auf, dass diese Auswirkungen stets anhand Einzelfallanalyse bewertet werden müssten und jeweils von einer Reihe von Faktoren abhingen. Solche bestimmende Faktoren seien beispielsweise Folgende:

Der Bericht warnt zudem vor einer einseitigen, auf Marktanteile fixierten Sichtweise der Behörden, die zur Annahme von Wettbewerbsproblemen führen könnte, wo keine bestünden ('false positives'). Umgekehrte Szenarien seien allerdings ebenfalls denkbar, dass bestehende Wettbewerbsprobleme nicht wahrgenommen würden  ('false negatives').

Die ökonomische Literatur belege darüber hinaus, dass „offene Systeme" „geschlossenen Systemen" in Bezug auf den Wettbewerb und die Wohlfahrt nicht immer überlegen seien.

Der Bericht kommt zu folgenden Schlussfolgerungen (S. 31 ff, englische Fassung): 

5.1. Ecosystems are fundamentally built around complementarities between goods and services. They typically combine a platform and the multiple sides of the market that it intermediates between such as consumers, component producers, developers etc. Ecosystems are more complex than simple systems (such as printer and cartridges) involving direct and indirect network effects that can flow in various directions between economic agents. Switching costs between competing systems can also exist in various forms. The size of the switching costs, either natural or resulting from system owners' practices, has an impact on the economic analysis of ecosystems.
5.2 We referred to systems that are accessible to component makers and developers and can work with a variety of components as being 'open'. In reality, there is a large spectrum of degrees of openness and closure, and both can have effects on consumers, competition, and innovation.
5.3 Five ways in which ecosystem openness is good for competition have been discussed. Greater compatibility reduces switching costs. Openness achieves full benefits of network effects and economies of scale for component makers, increased intra-ecosystem competition and market entry through component innovation is more easily feasible. However, two ways have been discussed which show that closure can be good for competition: closed systems increase inter-system competition (which can lead to fierce competition 'for the market') and they can lead to an increased incentive to innovate and to entry due to future profit expectations.
5.4 Open systems generate efficiencies in four ways: they maximise network effects, they maximise scale economies, they enable the system owner to commit not to renegotiate ex post the access fees with the component developers, once the specific investments in the system have been incurred and they enable the system owner to commit not to exploit the users who have joined the system, which increases incentives to join the system. However, there are also four ways in which closed systems generate efficiencies: they ensure compatibility between components, they avoid free-riding, they allow user coordination, and avoid the drawbacks of standardisation.