08.10.2021

Monopolkommission legt Sondergutachten zum DMA vor

D
Monopolkommission
Plattformökonomie
Gesetz über Digitale Märkte /Digital Markets Act (DMA)

Gutachten
Pressemitteilung

Die Monopolkommission hat am 5. Oktober 2021 ihr Sondergutachten Nr. 82 mit „Empfehlungen für einen effektiven und effizienten Digital Markets Act“ veröffentlicht. 

Im Wesentlichen begrüßt die Monopolkommission den Vorschlag der Europäischen Kommission für einen Digital Markets Act (DMA). Denn aus ihrer Sicht werden Verfahren oft zu spät eingeleitet und dauern aufgrund der Komplexität zu lange mit der Konsequenz, dass sich die Strukturen zahlreicher digitaler Märkte dauerhaft verfestigen können. Sie unterbreitet einige Änderungsvorschläge, die darauf abzielen, den DMA noch gezielter darauf auszurichten, Machtpositionen aufzubrechen und den Wettbewerb auf digitalen Märkten zum Vorteil der Verbraucher zu schützen. 

Die Monopolkommission plädiert allerdings dafür, den DMA klar auf digitale Ökosysteme ausrichten, Regulierungsausnahmen zuzulassen und Selbstbevorzugungspraktiken umfassender zu untersagen. 

Im Einzelnen: 

Die Monopolkommission empfiehlt, den Anwendungsbereich des DMA zu verengen und den DMA auf die Betreiber digitaler Ökosysteme zu begrenzen. Der aktuelle Vorschlag der Kommission erfasse zu viele einzelne Märkte. Das Gremium plädiert daher dafür, mit dem DMA nur diejenigen Unternehmen zu erfassen, die ein Ökosystem aus mindestens zwei zusammenhängenden zentralen Plattformdiensten betreiben oder in einer Doppelrolle, beispielsweise als Marktplatzbetreiber und Händler auf dem Marktplatz, aktiv sind. Eine Konzentration auf die Ökosystemanbieter und die wesentlichen Wettbewerbsprobleme ermögliche auch einen effektiveren Einsatz der Ressourcen zur Durchsetzung des DMA. 

Der bisherige Entwurf des DMA enthält für digitale Gatekeeper Verhaltenspflichten, die auf eine Prüfung der Auswirkungen des Verhaltens auf den Wettbewerb im Einzelfall verzichten (sog. Per-se-Regeln). Ausnahmen von diesen Verhaltenspflichten sind nur in ganz engen Grenzen, z. B. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, möglich. Die Monopolkommission erkennt an, dass diese Herangehensweise zwar einerseits eine schnelle Rechtsdurchsetzung ermöglicht. Andererseits könne sie aber auch mit konkreten Effizienzvorteilen für Verbraucher konfligieren. Verbraucher könnten z. B. durchaus ein Interesse an der Verknüpfung mehrerer Dienste oder der Zusammenführung von Daten haben. Um diesen Verbraucherinteressen adäquat Rechnung tragen zu können, plädiert die Monopolkommission in eindeutigen Fällen für eine Ausnahme von den Verhaltensregeln im Sinne einer sog. „Effizienzrechtfertigung“, wobei dem Unternehmen die Beweislast für das Vorliegen von Effizienzen aufgebürdet werden sollte. 

Die Monopolkommission tritt ebenfalls dafür ein, den im DMA vorgesehenen Regulierungsdialog auf sämtliche Verhaltenspflichten des DMA auszuweiten. Bei den Verhaltenspflichten des Art. 5 DMA könne es nach Ansicht der Monopolkommisison im Einzelfall zu Unsicherheiten bei der Auslegung der Regeln kommen. Um eine „Effizienzrechtfertigung“ zu ermöglichen, sollte ein einheitlich ausgestalteter Artikel 5 (neu) DMA geschaffen werden, der Per-se-Regeln enthält, die aber sämtlich dem Dialogverfahren sowie einer Effizienzeinrede zugänglich sind. Der Effizienzeinrede soll aber keine aufschiebende Wirkung zukommen. Ein Freistellungsantrag, der nicht innerhalb von sechs Monaten beschieden würde, solle als abgelehnt gelten. 

Die Monopolkommission empfiehlt, insbesondere sogenannte Selbstbevorzugungsstrategien in Ökosystemen noch umfassender als in dem vorliegenden Entwurf angelegt zu untersagen (vorbehaltlich einer Effizienzeinrede), da Ökosystembetreiber durch solche Selbstbevorzugungsstrategien den Wettbewerb nicht mehr nur in einzelnen Märkten, sondern im gesamten Ökosystem verschließen könnten. Verboten werden sollte nach Auffassung der Monopolkommission beispielsweise neben der besonders prominenten Darstellung der eigenen Produkte die Voreinstellung eigener Dienste, z. B. des eigenen Browsers, auf dem eigenen Betriebssystem. 

Im Hinblick auf die Verhaltenspflichten zur Datenportabilität und -interoperabilität sieht die Monopolkommission noch noch Klärungsbedarf hinsichtlich technischer, ökonomischer und rechtlicher Fragen. Insbesondere sei noch zu klären, welche Daten und Schnittstellen von den Verhaltenspflichten erfasst werden sollten, um eine Balance der Interessen der Zugangspetenten einerseits und der Innovationsanreize der Gatekeeper andererseits zu wahren.