03.07.2019

EU/UK: Letzter Stand zum Brexit (Wettbewerbs- und Beihilfenrecht) aus EU und UK

 

  1. Mitteilung der EU-Kommission

Die EU-Kommission hatte bereits vor dem Europäischen Rat vom 28./29.06 2019 am 12. Juni 2019 mitgeteilt, dass sie im Falle eines „No-Deal-Brexit" (1. November 2019) keine weiteren Notfallmaßnahmen plane. Die Kommission habe seit Dezember 2017 19 Legislativvorschläge vorgelegt. Neben den Legislativvorschlägen habe die Kommission 63 Rechtsakte ohne Gesetzescharakter erlassen und 93 Hinweise zur Vorbereitung auf den Brexit veröffentlicht. Die Mitteilung geht im Einzelnen auf die Bereiche Aufenthaltsrechte und Sozialversicherungsansprüche der Bürger, Zoll und Steuern, Verkehr, Fischerei, Finanzdienstleistungen sowie Arzneimittel, Medizinprodukte und chemische Stoffe ein. Nach Ansicht der Kommission erfüllten die bisherigen Vorbereitungen weiterhin auch für einen Austritt ohne Abkommen ihren Zweck und es bestehe keine Notwendigkeit, bisher getroffene Maßnahmen inhaltlich zu ändern.

Speziell zum Wettbewerbsrecht hatte sie am 25. März noch folgenden Hinweis veröffentlicht: https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/file_import/eu-competition-law_en.pdf

In diesem Hinweispapier wird erwähnt, dass es in Kartellangelegenheiten teilweise zu parallelen Zuständigkeiten, z. B. bei der Gerichtsbarkeit, kommen werde. Die EU-Kommission werde auf dem Gebiet des Vereinigten Königreichs (UK) keine Durchsuchungen mehr gemäß Art. 20 VO 1/2003 durchführen können. Allerdings werde sie weiterhin in der Lage sein, Informationen gemäß Art. 18 VO 1/2003 zu erhalten. Sämtliche Entscheidungen der Kommission auf der Grundlage von Art. 101 und 102 AEUV, die zuvor getroffen worden seien, blieben auch nach dem Austritt von UK gültig.

Auch die EU-Fusionskontrolle werde auf britische Unternehmen, jedenfalls im Anwendungsbereich der EU-Fusionskontrollverordnung, anwendbar bleiben. Auch hier könne es zu parallelen Überprüfungen kommen. Das One-Stop-Shop-Prinzip werde im Verhältnis EU/UK nicht mehr zur Anwendung gelangen. Es stellten sich aber viele weitere Fragen zur Zuständigkeit der EU-Kommission in Bezug auf Sachverhalte, die vor dem Austritt Großbritanniens ihren Ausgangspunkt nähmen und danach andauerten, z. B. zur Frage der Umsatzberechnung oder bei Fallüberweisungen ohne EU-Dimension. Auch die Tatsache, dass der Handel zwischen der EU und UK möglicherweise zum Gegenstand von neuen Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen werde, könne sich auf die Bewertung möglicher Wettbewerbsbedenken seitens der Kommission auswirken, einschließlich auf die Frage der Eignung und Durchführbarkeit von Rechtsbehelfen.

 

  1. Post-Brexit Wettbewerbsdurchsetzung aus Sicht der CMA

Bereits am 30. Oktober 2018 hatte die britische Wettbewerbsbehörde, die Competition & Market Authority (CMA) neue Papiere für die verschiedenen Brexit-Folgen (deal, no deal-Szenarien) und ihre eigene Rolle im weiteren Verlauf in Bezug auf das Wettbewerbsrecht (Fusionkontrolle, Kartellverfahren) veröffentlicht. Die Papiere sollen vor allem die Unternehmen bei ihrer Zukunftsplanung für ein No-Deal-Szenario unterstützen, indem die CMA Informationen darüber veröffentlicht, wie künftig bei Fusionen und Kartellverfahren vorgegangen wird, an denen derzeit noch die Europäische Kommission beteiligt ist (vgl. zum Stand und zu Einzelheiten auch FIW-Berichte vom 12.11.18, 21.09.18 und 14.09.18).

In einer Rede beim „City & Financial Global Summit" vom 11. Juni 2019 hat der Exekutivdirektor der britischen Wettbewerbsbehörde CMA, Michael Grenfell, zur Zukunft der Wettbewerbsdurchsetzung nach dem Brexit die bisherige Sichtweise der Regierung noch einmal bekräftigt. So beabsichtige die britische Regierung, dass die CMA die Zuständigkeit für die neu zu erlassenden nationalen Beihilferegelungen erhalten solle. Es sei zudem bereits eine Rechtsverordnung (nur für den Fall des „No-Deal-Brexit") erlassen worden, wonach die CMA, die Branchenregulierer und die Gerichte (einschließlich des Berufungsgerichts) verpflichtet seien, das britische Wettbewerbsrecht in Übereinstimmung mit der EU-Rechtsprechung vor dem Brexit anzuwenden, allerdings mit einer Reihe von Ausnahmen, die es ermöglichten, unter bestimmten Umständen davon abzuweichen (vgl. Section 60A des Competition Act, im Entwurf hier abrufbar: http://www.legislation.gov.uk/ukdsi/2019/9780111173930/regulation/23).

Die Frage nach dem Umfang der künftigen Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs zwischen UK und den nationalen Wettbewerbsbehörden müsse noch entschieden werden. Bereits jetzt habe die CMA zur Vorbereitung der erweiterten Rolle nach dem Brexit zusätzliches Personal eingestellt und Systeme eingerichtet, um Leitlinien auszuarbeiten und die Regierung bei der Entwicklung von Politik und Gesetzgebung zu unterstützen.