26.02.2020

Europäisches Netzwerk der Wettbewerbsbehörden äußert sich zur Anwendbarkeit des Kartellrechts in der Corona-Krise

Am 23. März 2020 hat das Europäische Netzwerk der Wettbewerbsbehörden (European Competition Network, ECN), in welchem die Kartellbehörden in der Europäischen Union zusammenarbeiten, als Reaktion auf die Corona-Krise eine „Gemeinsame Erklärung zur Anwendbarkeit des Kartellrechts in der Corona-Krise" veröffentlicht. In dieser Erklärung weisen die Wettbewerbsbehörden auf die grundsätzliche Geltung des Kartellrechts und mögliche Ausnahmen hin.

Danach verfolgen die Kartellbehörden in der Europäischen Union auch in Zeiten der Corona-Krise das Ziel, gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen zu gewährleisten. Darüber hinaus sähen die verschiedenen Wettbewerbsinstrumente der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums verschiedene Mechanismen vor, um Markt- und Wirtschaftsentwicklungen angemessen zu berücksichtigen. Das ECN sei sich bewusst, dass die aktuelle außergewöhnliche Situation die Unternehmen zu einer Zusammenarbeit veranlassen könne, um die Versorgung und den fairen Vertrieb knapper Produkte an alle Verbraucher sicherzustellen. Unter den gegenwärtigen Umständen werde das ECN nicht aktiv gegen notwendige und vorübergehende Maßnahmen eingreifen, die eingeführt wurden, um einen Versorgungsengpass zu vermeiden. Solche Maßnahmen dürften derzeit auch wettbewerbsrechtlich kaum problematisch sein, da sie entweder schon nicht auf eine Wettbewerbsbeschränkung hinausliefen oder gerechtfertigte Effizienzgewinne erzeugen würden. Wörtlich heißt es in der Erklärung:

Considering the current circumstances, such measures are unlikely to be problematic, since they would either not amount to a restriction of competition under Article 101 TFEU/53 EEA or generate efficiencies that would most likely outweigh any such restriction.

Das ECN empfiehlt bei Zweifeln von Unternehmen an der Vereinbarkeit solcher Kooperationsinitiativen den informellen Kontakt mit den Wettbewerbsbehörden.

Es müsse jedoch unbedingt sichergestellt werden, dass Produkte, die in der gegenwärtigen Situation als wesentlich für den Schutz der Gesundheit der Verbraucher angesehen werden (z. B. Gesichtsmasken und Desinfektionsgel), weiterhin zu wettbewerbsfähigen Preisen erhältlich sind. So werde das ECN gegen Praktiken einzuschreiten, die die die derzeitige Situation durch Kartellbildung oder Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung ausnutzten. Umgekehrt sei die Festlegung von herstellerseitigen Höchstpreisen für Produkte unter geltendem Recht erlaubt. Eine solche Festlegung könne sich gerade jetzt als nützlich erweisen, um ungerechtfertigte Preiserhöhungen auf der Vertriebsebene zu begrenzen.