22.08.2019

Bundeswirtschaftsminister Altmeier hat am 19. August 2019 die Ministererlaubnis im Fall Miba/Zollern gegen Auflagen erteilt

D
Fusionskontrolle
Ministererlaubnis
Bundesminister Altmaier
Monopolkommission
Miba/Zollern

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2019/20190819-altmaier-ministererlaubnis-im-verfahren-miba-zollern.html

Text der Ministererlaubnis: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/V/verfuegung-verwaltungsverfahren-miba-zollern.pdf?__blob=publicationFile&v=4

Bundeswirtschaftsminister Altmaier hat am 19. August 2019 den Zusammenschluss Miba/Zollern unter Bedingungen und Auflagen genehmigt und sich damit über die gegenlautenden Empfehlungen der Monopolkommission hinweggesetzt. Nach Aussage von BM Altmaier sei die Erteilung der Ministererlaubnis bedeutsam zur Erreichung der Energiewende und diene dem Erhalt eines wettbewerbsfähigen Mittelstands. Erst durch die gemeinsame Gleitlagerforschung sollen bestimmte, für die Energiewende wichtige Fortschritte im Bereich von Gleitlagern, etwa für Windkraftanlagen, möglich sein. Darüber hinaus ist die Erlaubnis mit strengen Auflagen verbunden worden. So muss das geplante Gemeinschaftsunternehmen mindestens fünf Jahre von Miba und Zollern gemeinsam betrieben werden. Zudem müssen die beiden Unternehmen 50 Millionen Euro unter Treuhänderaufsicht investieren.

Die Monopolkommission hatte im April 2019 von einer Erlaubniserteilung per Sondergutachten abgeraten, weil nach ihren Ermittlungen die mit dem Zusammenschluss einhergehende Wettbewerbsbeschränkung nicht durch besondere Interessen der Allgemeinheit aufgewogen werde (vgl. dazu auch FIW-Berichte vom 03.07.19 und 07.05.19). Die von den beiden Unternehmen geltend gemachten Gemeinwohlbelange wögen danach die vom Bundeskartellamt festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen nicht auf. In einer gesonderten Stellungnahme hatte die Monopolkommission noch im August außerdem die beabsichtigten Bedingungen und Auflagen analysiert und als wenig geeignet und jedenfalls teilweise rechtlich unzulässig bewertet. Dies bekräftigte sie noch einmal mit einer PM vom Tag der Ministererlaubnis.

http://www.monopolkommission.de/images/PDF/SG/presse_s81.pdf https://www.monopolkommission.de/images/PDF/SG/Stellungnahme_beabsichtigte_Nebenbestimmungen.pdf

https://www.monopolkommission.de/images/PDF/SG/PM_Miba_Zollern_Erlaubnis.pdf

Wesentliche (Gegen-)Argumente der Monopolkommission:

Nach Ansicht der Monopolkommission könne der Erhalt von Know-how und Innovationspotential nur dann einen Gemeinwohlvorteil darstellen, wenn diese einen besonders hohen Wert für die Gesellschaft besitze und nicht allein - wie im vorliegenden Fall - vor allem den Antragstellern zugutekomme.

Die Antragsteller hätten außerdem nicht hinreichend dargelegt, auf welche Weise sich die Wettbewerbsfähigkeit durch den Zusammenschluss verbessern würde und inwiefern damit Gemeinwohleffekte im Inland einhergingen. Der Zusammenschluss liege überdies weder im verteidigungspolitischen Interesse Deutschlands noch sei er zur langfristigen Sicherung gefährdeter Arbeitsplätze geeignet. Europäische Gemeinwohlinteressen (Bildung eines „European Champions") würden nicht als Gemeinwohlvorteil anerkannt. Die Sicherung von Arbeitsplätzen und die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit könnten zwar prinzipiell Gemeinwohlvorteile sein, lägen aber selbst aus Sicht des Ministers nicht vor.

Die Eignung der Auflage, 50 Millionen EUR für den Gemeinwohlvorteil „Know-how und Innovationspotenzial für Energiewende und Nachhaltigkeit" in Deutschland zu investieren, bewertet die Monopolkommission als womöglich rechtlich unzulässig. Zum einen sei die Mittelverwendung sehr weit definiert, zu unbestimmt und liege weitgehend im betriebswirtschaftlichen Ermessen der beiden Unternehmen. Zum anderen könne ein etwaiger vorrangiger Effizienzvorteil in Österreich im Rahmen der Forschungstätigkeiten nicht genutzt werden, da die Investitionen allein in Deutschland getätigt werden müssten. Die Auflage sei auch nicht mit dem gesetzlichen Verbot einer laufenden Verhaltenskontrolle vereinbar, da jene fortlaufend überprüft werden müsse.

Hintergrund:

Die österreichische Miba AG und die baden-württembergische Zollern GmbH & Co. KG beabsichtigen, ihre jeweiligen Tätigkeiten im Geschäftsbereich Gleitlager in einem Gemeinschaftsunternehmen zusammenzuführen, an dem Miba 74,9 Prozent und Zollern 25,1 Prozent der Anteile halten soll.

Das Bundeskartellamt hatte den Zusammenschluss im Januar 2019 untersagt, da er zu einer erheblichen Behinderung des wirksamen Wettbewerbs führen würde. Nach Ansicht des Amtes seien Miba und Zollern insbesondere bei Gleitlagern für Großmotoren, wie sie in Schiffen, Lokomotiven und Stromaggregaten eingesetzt werden, sehr stark aufgestellt. Durch den Zusammenschluss fiele für die Abnehmer aus den entsprechenden Industriezweigen sowohl in Deutschland als auch dem europäischen Ausland eine wichtige Ausweichalternative bei der Beschaffung von Gleitlagern weg. Ferner hätten Ermittlungen des Amtes ergeben, dass die beiden Unternehmen die jeweils wesentlichen Wettbewerber in einem ohnehin bereits stark konzentrierten Markt seien. Sie verfügten über eine herausragende Stellung beim Entwicklungs-Know-how und der angebotenen Bandbreite der von dem Zusammenschlussvorhaben primär betroffenen Gleitlager. Weiterhin berücksichtigte das Amt bei seiner Entscheidung den Gesichtspunkt, dass der Markteintritt neuer Unternehmen in die Produktion der Gleitlager unwahrscheinlich sei, da hierfür weitreichende technologische Entwicklungs- und Fertigungskenntnisse sowie hohe Investitionen notwendig seien.

Daraufhin stellten die beiden Unternehmen im Februar 2019 einen Antrag auf Ministererlaubnis für das Zusammenschlussvorhaben. Der Antrag der beiden Mittelständler ist erst der 23. Antrag auf eine Ministererlaubnis, seitdem sie 1973 im GWB verankert wurde (und die 10. Genehmigung). Miba und Zollern hatten zur Begründung ihres Antrags vor allem mit der steigenden Konkurrenz aus Asien argumentiert. Nur bei einer Erlaubnis für das Gemeinschaftsunternehmen würden technologisches Know-how und Innovationspotenzial für Zukunftsanwendungen im Inland erhalten bleiben.

Der Bundeswirtschaftsminister darf die Erlaubnis abweichend von der Entscheidung des Bundeskartellamts gemäß § 42 Abs. 1 S. 1 GWB nur dann erteilen, wenn im Einzelfall mit dem Zusammenschluss einhergehende Gemeinwohlvorteile die festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen überwiegen.