18.10.2021

BMWi legt Rechtsgutachten zur Rechtsgrundlage des DMA vor

D
BMWi
Rechtsgutachten Monopolkommission
Plattformökonomie
Gesetz über Digitale Märkte /Digital Markets Act (DMA)

article-114-tfeu-as-a-legal-basis-for-strengthened-control-of-acquisitions-by-digital-gatekeepers.pdf

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat am 21. September 2021 ein von ihm beauftragtes Rechtsgutachten über die Rechtsgrundlage des Vorschlags eines Gesetzes über Digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) veröffentlicht. Es trägt den Titel „Article 114 TFEU as a Legal Basis for Strengthened Control of Acquisitions by Digital Gatekeepers“ und wurde von den Rechtsprofessoren Jens-Uwe Franck (Universität Mannheim), Giorgio Monti (Tilburg Universität) und Alexandre de Streel (Universität von Namur) erstellt.

Dieses Rechtsgutachten untersucht die Möglichkeit, eine schärfere Zusammenschlusskontrolle über Übernahmen und Erwerbe der Gatekeeper auf Artikel 114 AEUV (Rechtsgrundlage des DMA) zu stützen, ohne eine Änderung der EU-Fusionskontrollverordnung (Einstimmigkeitsprinzip) vornehmen zu müssen. 

Die Autoren kommen in dem Gutachten zu dem Schluss, dass der Verordnungsvorschlag der EU-Kommission zum DMA noch nicht weitgehend genug sei, um systematische Aufkäufe von kleineren Start-Ups durch die digitalen Gatekeeper zu unterbinden. In dem Gutachten werden folglich vier mögliche Optionen für eine Reform auf EU-Ebene zur besseren Überprüfung von sog. „Killer-Akquisitionen“ näher untersucht.  

  1. Die erste Option, für die sich die Kommission bereits entschieden hat, besteht darin, mehr Verweisungen von Fusionen durch die Mitgliedstaaten an die Kommission gemäß Artikel 22 der EU-Fusionskontrollverordnung (FKVO) zuzulassen.   
  2. Die zweite Option besteht darin, durch das Gesetz über digitale Märkte (DMA) eine neue Meldeschwelle für digitale Gatekeeper einzuführen, die die bestehenden Schwellenwerte der EU-Fusionskontrollverordnung ergänzen würde. Sobald die Bedingungen für diesen neuen Schwellenwert erfüllt wären, würde der Erwerb von der Kommission nach der FKVO geprüft werden.  
  3. Die dritte Option besteht darin, die FKVO zu ändern und neue Schwellenwerte für die Anmeldung festzulegen, die eine Anmeldung von Zusammenschlüssen mit neu entstehenden Wettbewerbern verlangen, aber auch den Test der erheblichen Beeinträchtigung wirksamen Wettbewerbs (Significant Impediment to Effective Competition, SIEC-Test) sowie die Beweisregeln anzupassen. 
  4. Die vierte Option besteht darin, durch den DMA eine neue und separate Regelung für die Prüfung von Übernahmen durch digitale Gatekeeper zu schaffen, die entweder die bestehende Fusionskontrolle nach der FKVO ersetzen oder ergänzen würde. 

    Wesentliche Schlussfolgerungen der Gutachter:

Die Gutachter sprechen sich schließlich für die Optionen 2 bis 4 aus. Wörtlich heißt es in der Legal Opinion (S. 6): 

Ultimately, we conclude that, of the four policy options to strengthen the control of acquisitions by digital gatekeepers, the first option – which is favoured by the Commission – is probably the least robust in law and in practice. The three other options are preferable as they ensure a one-stop shop and they could be based on Article 114 TFEU as interpreted by the Court of Justice. It is then a political choice to decide among those three options. They can also be used sequentially. For instance, the second option could be implemented immediately in the context of the DMA negotiations. Then, the third or fourth option could be implemented later in the context of a more comprehensive review of EU merger control once the lessons learned from applying merger control to the acquisition of nascent competitors by digital gatekeepers have provided helpful experience that could be broadened to a wider range of concentrations.