10.12.2020

10. GWB-Novelle („GWB-Digitalisierungsgesetz“): Anhörung im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie

D
Bundestag
Bundesrat
10. GWB-Novelle
Sachverständigenanhörung
Stellungnahme

https://www.bundestag.de/ausschuesse/a09/Anhoerungen/805562-805562

Regierungsentwurf:

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/Gesetz/gesetzentwurf-gwb-digitalisierungsgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=4

Am 25. November 2020 hat der Ausschuss für Wirtschaft und Energie unter der Leitung von Dr. Matthias Heider (CDU/CSU) eine Anhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen für ein fokussiertes, proaktives und digitales Wettbewerbsrecht 4.0 und anderer wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen" (GWB-Digitalisierungsgesetz) durchgeführt.

Als Sachverständige waren folgende Personen vertreten:

Die Experten haben sich laut dem par­la­men­ta­ri­sche Pres­se­dienst überwiegend positiv zur Novelle geäußert:

Andreas Mundt meinte, dass die Novelle eine maßvolle Beschleunigung von Verwaltungsverfahren mit sich bringen würde, um frühzeitiger auf Wettbewerbsgefährdungen reagieren und dauerhafte Schädigungen verhindern zu können.

Prof. Dr. Daniela Seeliger beurteilte den Regierungsentwurf grundsätzlich positiv. Es sei richtig und notwendig, das Gesetz maßvoll an die Erfordernisse der Digitalisierung anzupassen. Die vorgeschlagenen Änderungen seien in den meisten Fällen ausgewogen. Allerdings wies sie darauf hin, dass sie die Forderung nach einer Verschärfung des Entwurfs für nicht gerechtfertigt halte. Darüber hinaus trat sie dafür ein, dass bei § 19 a GWB-E die Detailregelungen noch einmal überprüft werden sollten. So wäre bei den Eingriffsvoraussetzungen an eine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf marktbeherrschende Unternehmen zu denken. Außerdem sollten nur Unternehmen mit Schwerpunkt im digitalen Bereich in den Anwendungsbereich fallen. Darüber hinaus sollten nur wettbewerbswidrige Praktiken untersagt werden. Das wäre nur der Fall, wenn die Behinderung von Wettbewerbern geeignet wäre, den wirksamen Wettbewerb erheblich zu beeinträchtigen.

Prof. Achim Wambach sah in seiner mit den Mitgliedern der Monopolkommission abgestimmten Stellungnahme weiterhin Probleme bei der Durchsetzung der bestehenden Missbrauchsregeln. Er empfahl, die Mitwirkungspflichten der Unternehmen zu intensivieren, um das Informationsgefälle zwischen ihnen und den Wettbewerbsbehörden bei der Sachverhaltsermittlung zu verringern und schnellere behördliche Interventionen zu gewährleisten. Die geplante Beschränkung des gesetzlichen Auftrags der Monopolkommission auf die Würdigung abgeschlossener kartellbehördlicher Verfahren wäre, wie er meinte, ein falsches Signal im Hinblick auf die gesetzliche verankerte Unabhängigkeit der Monopolkommission.

Prof. Dr. Rupprecht Podszun befürwortete die neuen Vorschriften zur Missbrauchskontrolle vorbehaltlos. Er vertrat darüber hinaus die Ansicht, dass Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Kartellrechts stets kritisch zu sehen seien und bezog sich auf neue Anläufe zur Freistellung bestimmter Medienunternehmen und den Bereich der Krankenhausfusionskontrolle.

Dr. Anselm Rodenhausen setzte sich für weitere Verbesserungen des Gesetzentwurfs ein. Er schlug vor, 19a Abs. 1 GWB-E um das Kriterium „Aktive Nutzer*innenzeit" zu ergänzen. Das sei die Zeit, die Nutzer/innen insgesamt aktiv auf einer Plattform oder in einem Ökosystem verbrächten.

Dr. Ralf Scheibach wies vor allem auf die möglichen innovationshindernden Wirkungen eines allgemeinen Datenzugangsanspruchs in der Automobilindustrie hin. Der Datenzugang müsse aus kartellrechtlichen Erwägungen auf einen engen Ausnahmebereich beschränkt bleiben. Die vorgeschlagene Neuregelung von § 20 Abs. 1a GWB-E hätte zudem Standortnachteile für deutsche Unternehmen zur Folge, da sie ihre national gehosteten Datenbestände gegenüber Dritten unter festgelegten Voraussetzungen zugänglich machen müssten, während vergleichbare Zugangsansprüche in anderen Ländern nicht bestünden. Die Nutzung der Datenwirtschaft bei Herstellung, Vertrieb und Nutzung von Kraftfahrzeugen stelle eine wesentliche Grundlage für die Wettbewerbsposition von Herstellern und Zulieferern künftig dar.

Dr. Robby Riedel begrüßte die geplante Neujustierung der Missbrauchsaufsicht ebenso vorbehaltlos wie Prof. Podszun und wies - lediglich gelegentlich der Novelle - auf die Notwendigkeit eines vertikalen Interessensausgleich zwischen Unternehmen und Beschäftigten hin.

Klaus Müller gehörte ebenfalls zu den Befürwortern des Gesetzentwurfs, wandte jedoch ein, dass die praktische Umsetzung von Datenzugangsansprüchen stets im Einklang mit dem europäischen Datenschutzrecht stehen müsse. Er sprach sich schließlich - auf Nachfrage - weder eindeutig für noch gegen eine erweiterte Befugnis des Kartellamts zur Durchsetzung des Verbraucherschutzes aus.

Verfahrensstand:

Die zweite und dritte Lesung im Bundestag ist für den 17./18.12.20 vorgesehen. Die erste Lesung hatte am 29.10.20 stattgefunden (vgl. dazu FIW-Bericht vom 18.11.20).